Sonntag, 18. März 2012

(Am Abend zuvor wieder Venus und Jupiter, dicht nebeneinander am Himmel, strahlend. Diese Zeichen am Firmament. Unheil. & auch die derzeitigen Sonnenstürme, die eine große Pestilenz bringen werden.)

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Früh am Morgen wieder raus zur Messe. Am angenehmsten ist es dort vor der regulären Öffnung, wenn die Gänge fast noch leer sind, die Luft noch nicht abgestanden, kaum Menschen unterwegs. Zuviele Menschen sind mir unangenehm. Die Menge, die Masse berauscht mich nicht mehr wie in jungen Jahren, sie beengt mich, bedrängt mich, macht mich zwanghaft, dünnhäutig, agressiv.
Und da kommen sie auch schon, die Messemassen, die Welle von Volk. Ich ziehe mich zurück in den Internetraum, den die Messeleitung den Ausstellern zur Verfügung gestellt hat, und der meist erfreulich leer ist. Bei Facebook wirft mir Richard Felix Duraj vor, der Blog sei selbstgefällig, zynisch und stilistisch eine Zumutung, auch würde ich mir keine Mühe geben, das wäre keinesfalls ein literarischer Blog. - Ich bin ja schon gewohnt, dass Duraj kein gutes Haar an was auch immer lässt, werde aber trotzdem zornig (der alte Autistenzorn, der von tief, tief aus mir hervor brodelt) und reagiere inadäquat mit mittelwüsten Beschimpfungen. (Was wiederum Johannes Frank belustigt und Connie Schmerle erschreckt; so verschieden sind die Gemüther).
Die Frage ist nur: hat Duraj recht? Lasse ich hier meinen Stil schleifen, anstatt ihn zu schleifen? (Ein blödes Wortspiel - ha, da sieht man es wieder, ich gebe mir einfach zu wenig Mühe). Ich muss darüber nachdenken.


Auf der Messe ansonsten nichts Neues, beim ARD-Stand mittlerweile ganz normale Leute, alles nur ein böser Traum.
Zur Mittagszeit sitze ich zusammen mit Julietta Fix und Johannes auf der Bühne der kleinen Verlage. Johannes liest aus seinem, größtenteils in Englisch geschriebenen, Israelbuch, ich die Übersetzungen, die teils von mir stammen. Das Mineralwasser, das uns die Messemitarbeiterin hinstellt, schmeckt scheußlich, ich habe selten so schlechtes Mineralwasser getrunken. Es macht einen rauen, pelzigen Mund, macht den Gaumen eher trocken, als dass es ihn anfeuchtet. Und es riecht nach nassem Hund.
Die Lesung läuft gut, doch das Publikum setzt sich aus nur knapp 20 Leuten zusammen. Die nachfolgende Lesung, der Auftritt zweier lustiger Schriftsteller aus dem Slam-Umfeld, ist eine Ansammlung von angestrengt lustigen Geschichten, aber das lockt 200 bis 300 Zuhörer an: so ist die Wirklichkeit. Da darf man auch mal primitiv in der Wortwahl werden, oder? Oder? Verfickt nochmal.

Walser


(Am späten Nachmittag dann zurück  nach Berlin und dort um Viertel nach Neun ins Bett. Bleierner Schlaf bis Acht Uhr morgens. Alpträume über Richard Felix Duraj).

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2 Kommentare:

  1. Am Publikumszuspruch der Slammer ist wenig zu deuteln: so sieht's aus. Ihr Erfolg liegt nicht allein in ihrer manchmal doch sehr mäßigen Lustigkeit, sondern auch im "fire & forget" Prinzip ihrer Geschichten. Funktioniert ähnlich wie bei Kabarettnummern Kaum rausgehauen & "performt", schon vergessen. Man will die Stories kein zweites Mal hören oder lesen, für den Moment aber haben sie im Zweifelsfall gut unterhalten. Komik auf dem kleinsten gemeinsamen Nenner des Alltags. Irgendwann kommen die Slammer aber alle und wollen dann doch auf Nachhaltigkeit machen und Bücher hervorkarnickeln...

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  2. Ja, lieber Hellmuth, so sieht´s aus. Aber goutieren kann ich das nicht. Ebenso wenig, wie ich goutieren kann, dass Robert Gernhardt in weiten Kreisen als bedeutender Dichter gilt.
    Auch das hat alles natürlich seine Berechtigung. Aber wenn die einen in der Sonne stehen, bleiben die anderen in ihrem Schatten. Und bleich. Literarischer Vitamin-D-Mangel.

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