Montag, 15. April 2013

     Lichtabdrücke
   
     Die Großmutter gestorben
     in einem verarmten Haus
     mit leergelesenen Büchern
     im ausgeblühten Sommerlicht
     eines filigran gehäkelten
     Fünfziger-Jahre-Abends
   
     Der Großvater verblichen
     zwischen ausgelaugten Blättern
     unter einem Staubregen
     im aufgeblühten Winterlicht
     eines Sechziger-Jahre-Himmels
     aus Schreibmaschinen-Stahl

.

Dienstag, 2. April 2013

Vor knapp zwei Wochen habe ich meinen dritten Roman (Wermut) abgeschlossen. Rund 266.000 Zeichen sind es geworden und zugleich ein Parforceritt durch das Bewusstsein eines Mannes in der Zeit von Tschernobyl.
Vor einigen Tagen habe ich einen Auszug in der Verbrecherversammlung gelesen, und als ich dort zum ersten Mal ein Publikum für diesen Text als Spiegel, als Hallraum hatte, ist mir noch deutlicher als zuvor klar geworden, dass der Roman brutal und rück-sichts-los überarbeitet werden muss.
Ich saß dort in der Bar Monarch am Kottbusser Tor, deren Fensterfront sich im ersten Stock des Neuen Kreuzberger Zentrums hin zum Hochbahnhof öffnete. So viel Nacht dort draußen, und so wenig Zuhörer hier drinnen, kaum mehr als fünfzehn Menschen. Aber diese wenigen werden sagen können, sie seien dabei gewesen, seinerzeit, im Jahr des Herrn 2013.

Und nun ist also der Roman fertig, nach exakt zwei Jahren. Und seit zwei Wochen stehe ich da, schreibe kaum und ersteigere Schreibmaschinen bei Ebay, denn ich habe leider wieder meiner alten Leidenschaft nachgegeben, kaufe all die Maschinen, die ich mir früher nie leisten konnte. Jetzt kosten sie nur noch ein paar Euro.
Zur Zeit schreibe ich auf einer unglaublich eleganten Princess Futura, einem wolkengrauen Juwel aus den späten 60ern, mit scharfen, futuristischen Typen.




Und ich schreibe Gedichte darauf; denn wie wäre es anders zu erwarten gewesen: nach der langen Arbeit an einem Roman (die mich fast gänzlich von den Gedichten fernhielt), habe ich mich wieder der Lyrik ergeben.
Poetisiert euch!
Hier ein neuer Text aus dem Monat März:

     Norden
   
     Buntmetall ist der Himmel
     Abendschneise hat sich gleißend
     ein Gleis gestanzt ins sinkende Licht
     Schneeblind bin ich ganz vom Tag
     und Nacht will mir noch mehr
     Nacht einschenken mit Gewitter
     Träumt das Firmament flackernd Alpe
     fällt der Schlaf in die Zwitscherräume
     der Mauern die vor dem Lichtfleck stehen
     Kaltes Papier der Winter glatt und weiß
     Auf den Mauern steht der Wind
     aus dem unfassbar hellen Norden

.