Mittwoch, 20. November 2013

Ich hatte schon immer etwas für das Makabere übrig. Für die Zerstörung, die Verstörung.
Im Bücherregal meines Vaters gab es ein schmales Taschenbuch mit Zeichnungen von Roland Topor, bitterböse Skizzen von Männern in obskuren Nöten, die sich zum Beispiel das Gehirn kämmten, oder an ihren langgezogenen Ohren schaukelten. - Ich fand das schon als Achtjähriger amüsant.
Jahre zuvor hatte ich mit Matchbox-Autos Massenkarambolagen nachgestellt, mit dem ganz großen Hammer aus der Werkzeugkiste (die nach Maschinenöl roch), später ein Autodafé mit Playmobil-Figuren veranstaltet, der kleine Großinquisitor mit dem BIC-Feuerzeug der Mutti (das meist auf dem Wohnzimmertisch lag, neben dem Päckchen ERNTE 23, das damals noch weiß und gelb war, nicht orangenfarben - das haben dann in den Achtziger Jahren die Illuminaten erzwungen).
Die Kriegslücken in den Häuserzeilen, die verlassene Schlachterei gegenüber der Heiligen-Geist-Schule, grauer Regen, Hochmoore, verlassene Heide, Totengrund. Verwesende Tiere am Wegesrand, Dabei war ich so ein bezaubernder, weizenblonder Junge mit Häschenzähnen und engelsgleichem Lächeln. (Minestrant aber nicht; das war nicht möglich in unserer existenzialistischen Familie, die nur aus Satre, Piaf und Rollkragenpullovern bestand).
Und immer wieder dieser Band von Topor. Ein seltenes Buch, schwer zu bekommen in den späten Siebziger Jahren (heute zu kaufen für ein paar Cent bei booklooker oder amazon).
Ich habe mich heute Morgen an dieses Buch erinnert, als ich vom Kindergarten zurück nach Hause ging, unter grauem, regnerischem Himmel, und darüber nachdachte, welche Bücher ich auf das oberste Regalbrett stellen soll, damit mein fünfjähriger Sohn nicht rankommt.
Er ist so weizenblond, hat ein so engelsgleiches Lächeln. Verstörung.



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