Montag, 18. Juni 2012

Ich lag auf dem Sofa und dachte nach, schaute auf die Sonnenreflexe, die von den Fenstern des Hauses vis a vis auf das Bleiglas der Flügeltür geworfen wurden. Gewitterlicht. Kurz zuvor war ein kleines Unwetter über uns hinweg gezogen. Jetzt glitzerte das gespiegelte Licht hell und kalt auf den alten, matten Scheiben.
Ich dachte zurück an die elterliche Wohnung meiner Jugend, in Karlsruhe, Gartenstraße 33, in der es auch eine Flügeltür gab, ich kann mich nur nicht mehr erinnern, ob Bleiglas in ihr gefasst war. Ich glaube schon. Aber welche Farbe hatte es, welche Form?

Meine Gedanken wanderten, wie man so sagt, und ich stellte mir vor, wie es wohl sei, einmal wieder an der Tür unserer alten Wohnung zu klingeln und die neuen Bewohner um eine Besichtigung zu bitten. Ich würde ihnen ein, zwei Photographien aus der frühen 80ern mitbringen, um ihnen zu zeigen, wie es dort ausgehen hatte. Ich würde dann staunend durch die völlig fremde Wohnung gehen, vorbei an der nun weiß oder beige gestrichenen Küche, in der auch nicht mehr der alte Junkers-Durchlauferhitzer hängen würde.

Mir kam dieses eine Photo in den Sinn, auf dem man unsere Küche sehen kann: helle Holzstühle und dunkelbraun getünchte Wände. Bauernmalerei auf dem eingelassenen Wandschrank, der zum Hof hin ein kleines Gitterfenster hatte, mehr eine winzige Speisekammer war, in der man sogar zwischen den zwei rechtwinklig aufeinander stoßenden Regalen stehen konnte, wenn man nicht allzu dick war.

Und auf diesem Bild, an dem weiß emallierten Gasherd, steht mein Vater, so alt wie ich jetzt, und brät mit großer Geste Bratkartoffeln. Keiner briet sie so wie er, mit Salamistücken, Silberzwiebeln und Oregano.
Er kochte nicht oft, aber wenn, war das ein Ereignis, allein deshalb, weil die Küche danach wie ein Schlachtfeld aussah, und da mir der Abwasch als Haushaltsarbeit oblag, seit ich zehn oder elf geworden war, musste ich die Sauerei wieder weg putzen. Ober diese Bratkartoffeln lohnten es.

So zu liegen auf der Couch, die Gedanken schweifen zu lassen (was eine abgegriffene aber passende Metapher ist), das sollte man nicht nur beim Psychoanalytiker tun. Das ist ein angenehmes Gefühl, das ich mir viel zu selten gestatte, zu dem ich auch meist zu nervös bin. Hingegen in meiner Jugend konnte ich ganze Nachmittage auf dem Sofa oder der Matratze verbringen, ohne das mir die Zeit lang wurde. (Heute würde ich in spätestens einer halben Stunde eingeschlafen sein).

Morgen muss ich Bratkartoffeln machen. Für meinen Sohn.


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