Mittwoch, 25. April 2012

Endlich Frühling. Endlich wieder atmen im Grünen. (Leider auch mit leichtem Heuschnupfen). Morgen soll das Thermometer über zwanzig Grad anzeigen, und am Wochenende, zu meinem Geburtstag, dann der Sommer - der offenbar dem langgezogenen Winter folgen mag.
Gestern habe ich mir in der Bibliothek die Fernsehserie "Holocaust" ausgeliehen und heute Morgen gleich die erste Folge in das Laufwerk des Notebooks gelegt.
Ich kann mich gut erinnern, wie ich mit neun Jahren die Serie zum ersten Mal sah. Ganz (West)-Deutschland hockte vor den Empfangsgeräten und beschäftigte sich zum aller ersten Mal mit Schuld. Mit der eigenen nämlich. Und auch meine Eltern schauten zu und ließen uns Kinder teilhaben, mitschauen. Es war, glaube ich, meine erste Erfahrung mit einem Erwachsenenthema, und ich erinnere mich, dass meine Eltern zuvor lange diskutiert hatten, ob ich für diese Filme noch zu klein wäre. Ich war es nicht, und natürlich beeindruckt, und verstört, und nachdenklich.
Kaum etwas aus dem Erwachsenen-Fernsehprogramm ist mir so nachhaltig in Erinnerung geblieben, außer vielleicht noch die Serie "Der Eiserne Gustav", die zum Teil ja auch in der Nazi-Zeit spielte. (Legendär die Szene, als dem schönen Eugen das Gesicht mit Leuchtspurmunition verbrannt wird - Gott, was habe ich mich damals gegruselt; demletzt wieder, als ich die Serie nochmals sah).
Auch "Holocaust" wirkt als Film wenig angestaubt, doch natürlich ein wenig kulissenhaft und durchkonstruiert. Aber das ist bei dem Thema kaum zu vermeiden. Die Frage war ja schon immer, und ist sie noch, ob man das Grauen von Auschwitz darstellen kann? (Und der Halbsatz "Das Grauen von Auschwitz" wirkt in einem Blog auch schon abgeschmackt und fehl am Platz - die Annäherung an die Shoah, sei es künstlerisch oder berichtend bleibt nahezu unmöglich, jedenfalls für die Nachgeborenen. Das einzige Werk zu diesem Themenkomplex, das mich völlig überzeugt und völlig mitgenommen hat (in des doppelten Sinne), war "Nacht" von Edgar Hilsenrath).
Jedenfalls ist  die Serie - ins Besondere für eine Hollywoodproduktion - erstaunlich differenziert und historisch informiert. Und ich fiebere natürlich  für die Familie Weiss, heutzutage vor allem für den Vater... bald werde ich zweiundvierzig.

Ich war vier Jahre alt, als wir den ersten Fernseher bekamen, zur Fussballweltmeisterschaft; mein Vater hatte darauf bestanden. Die erste Röhre, schwarzweiß natürlich, und der Empfang war größtenteils unterdurchschnittlich, um es vorsichtig zu sagen: ständig rauschte dichter Schnee über den Bildschirm, jede Fernsehansagerin (Hanni Vanhaiden!) zog ein Geisterbild hinter sich her, aber endlich konnte ich auch die Rappelkiste sehen, und das Feuerrote Spielmobil, den Schülerladen. Dies alles Sendungen, die mittelbar und in Reaktion auf die Nazi-Zeit entstanden waren, als antiautoritäres Antidot zum Faschismus. Was mir als Kind natürlich wurscht war, ich wollte Pan Tau sehen und die tschechischen Knetmännchen. Den Maulwurf Grabowski (wobei, der kam in der Sesamstraße) - der Ostblock hatte sowieso in allen Kinderherzen gesiegt, denn von dort kamen die besten Trickfilme (und mehr und mehr auch aus Japan).

Heute habe ich keinen Fernseher mehr, kurz vor der Geburt unseres Sohnes haben wir ihn verschenkt. Nur ab und an möchte ich eine Erfahrung wiederholen und leihe eine DVD aus. Leider gibt es da keine Fernsehansagerinnen mehr. Und keine Diskussionsrunden im Anschluss, in einem Studio mit schwarzem Hintergrund, vor dem sich der Zigarettennebel besonders gut abhebt, denn alle, alle in der Runde rauchten eine nach der anderen. Auch das natürlich ein mittelbar antifaschistisches Element (Wir erinnern uns "Der Führer" war Nichtraucher und sehr besorgt um die deutsche Volksgesundheit). Ich will die Leute im Fernseher wieder rauchen sehen. Meinetwegen E-Zigaretten.

Im Hintergrund das erste Fernsehgerät

.

1 Kommentar:

  1. "Ich will die Leute im Fernseher wieder rauchen sehen. Meinetwegen E-Zigaretten."
    Dann wär doch die Stuckrad Barre Late Night was für dich.

    AntwortenLöschen