Donnerstag, 26. April 2012

Heute ist der Jahrestag. Vor 26 Jahren platzte der Reaktor in Wermut (russ.: Tschernobyl). Und die ersten Nachrichten über den Super-GAU wurden in der ARD an meinem sechzehnten Geburtstag vermeldet - es bestand natürlich keine Gefahr für die Bevölkerung, wie uns der Herr Innenminister Zimmermann versicherte. Merkwürdig nur, dass es in Süddeutschland kurz darauf keinen Salat mehr zu kaufen gab, und auch die Pilzsaision würde ins (leicht radioaktive) Regenwasser fallen. Wildschweine und Rehe wurden fortan alt und fett. Und zuvor waren in Karlsruhe schon die Kinderspielplätze gesperrt, und der Sand wurde einige Wochen später ausgetauscht.

Vier Jahre zuvor hatte ich zum ersten Mal diese Abkürzung gehört: GAU. Im Erdkundeunterricht wurde der Nutzen der Atomkraft durchgenommen, und der Herr Lehrer versicherte, dass natürlich keine Gefahr für die Bevölkerung entstehen könne, eine GAU nur in der Theorie möglich sei.
Als ich nachfragte, renitenter Zwölfjähriger der ich war, beharrte er auf seinen Vorgaben. Und ich beharrte darauf, dass es mir nicht einleuchten würde, dass ein GAU nicht passieren könne.

Ich hatte viele unfähige Lehrer in meiner Jugend, nicht nur dieser erste Erdkundelehrer war völlig vernagelt, auch eine spätere Lehrerin des Fachs machte sich lächerlich, als sie vor der versammelten Klasse behauptete, die Antarktis sei eine Ansammlung von kleineren Inseln, auf dem nur der Eisschild über dem Meeresspiegel ruhen würde. Als ich widersprach und vorschlug, doch einmal im Atlas nachzuschauen, denn da sei sicher ein Querschnitt des Kontinents abgebildet, eines Kontinents, der auch eisfrei noch immer größer als Australien sei, da putzte sie mich runter und ließ, sie war sich ihrer fachlichen Kompetenz so sicher, den Atlas aufschlagen. Und in dem schönen, dunkelblauen Diercke-Schulatlas war er natürlich, der Querschnitt, und er zeigte, dass es sich nicht um Inseln sondern um Gebirge eines Kontinents handelte, und das schon eine sehr große Welle hätte kommen müssen, um über die Berge hinweg die zentrale Tiefebene zu überfluten (wenn man einmal annahm, der Eisschild sei nicht vorhanden). Ich hatte also Recht behalten und wurde zur Strafe vor die Tür geschickt.
Die gute Frau Duelli, ich habe sie in Erinnerung behalten. Genauso wie meinen Deutschlehrer Herrn Albertini, der mir eine Vier gab in der Zeit, in der ich zu Hause schon Theaterstücke schrieb. Ein Pädagoge sondergleichen. (Den einzigen wirklich guten Lehrer, dem ich auf all meinen Oberschulen begegnete, war der Geschichtslehrer Herr Schumacher; der war gut, der hat mir was beigebracht).

Ich hoffe, die zukünftigen Lehrer meines Sohnes werden nicht ganz so schlecht sein, und ihm meine schulische Karriere ersparen, die in absteigender Linie Gymnasium, Real- und Hauptschule umfasste.

Die Antarktis eisfrei (Karte von Cristellaria)

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