Samstag, 28. April 2012

Es ist alles immer kleiner geworden. In den frühen Neunzigern war meine ganze Wohnung mein Atelier, mein Studio. Dreckig, verqualmt und angefüllt mit Versuchen. Später ein Zimmer mit zwei Schreibtischen und einer Staffelei. Dann nur noch mein Zimmer mit einem Arbeitsplatz am Fenster (diese Blüten der Bäume im Frühjahr, vor der neusachlichen Mietskaserne vis á vis). Schließlich eine Kammer hinter der Küche, jetzt, in der Jetztzeit, knapp vier Quadratmeter groß, voll von Entwürfen und expressionistischen Perspektiven. Mit einem Fenster zum Hof, mehr eine Schießscharte. Mit einem Sekretär aus den 60ern. Mit Gottfried Benn im Rücken. Mit Spinnen in den Winkeln (im Sommer), und mit Heizlüfter gegen die Kälte (im Winter).
Meine Kammer zeugt von Armut. Und meine Armut kotzt mich an. Aber so viele Manuskripte pochen in der Kammer, und auf dem Bildschirm des Laptops (aus den Neunzigern) sind Bilder gespeichert.
Und die Bilder halten mich vom Schreiben ab, so wie sie es schon früher getan haben, und auch sie bringen kein Geld ein, ermöglichen mir kein Studio von fünfzig Quadratmetern, das zwei Straßen weiter wartet, jeden Abend auf mich (wie eine spröde Geliebte).
Jetzt stehe ich wieder an diesem Punkt, der ausschaut wie ein Start, der aber vielmehr der Anfang einer Spirale ist.
Vor fünfzehn Jahren malte ich noch während ich schrieb. Oder besser gesagt: ich malte immer dann, wenn ich mit dem Schreiben nicht weiter kam. Und wenn ich nicht mehr malen konnte, schrieb ich. Es war eine Qual, die ich nicht erkannte. Die eine Kunst stand der anderen im Weg; wenn ich nicht in einer den Durchbruch schaffte, dann vielleicht in der anderen. Und also stand ich da und schaute auf die Werke. Und die Werke waren nicht gut, denn es war mir immer möglich, mich aus dem einen Schaffen herauszuwinden, um in das andere Schaffen einzutauchen. Der Effekt: Mittelmaß. Deshalb gab ich mit dreißig Jahren das Malen auf. Und jetzt habe ich mit dem Malen wieder begonnen, und stehe mir selbst im Weg rum. Ich hätte den Abend am Roman schreiben sollen (aber der Geist Hemingways war nicht in der Kammer und hat mir nicht auf das Maul gehauen). Stattdessen habe ich Bilder konstruiert. Und hier sind sie, sieben graue Bilder. Und meine Kammer. Und ich.
























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