Nervös war ich den ganzen Tag schon,
alles zentrierte sich in meiner Lunge und ließ sie keuchen. Eine
Steckfigur aus Nervensträngen war ich. Blödes Mini-Steck in vielen
Farben. Kinderkrankheiten durchfuhren meinen Körper. Schwer
ausgelacht war ich von meinen Innereien. Also war dieser Tag
zusammengefaltet und als schranktrockene Wäsche in die Kammer
gestellt. Und hoppla, hier sitz ich, zentriert in der Kammer mit
einem Herz, das Annoncen über seine Misere in den
zahnpasta-geschrubbten Himmel setzt. Da fliegt es vorbei. Ich muss
meine Brille aufsetzen um lesen zu können, was dort durch meinen
Liquor flattert.
Ruhig, Pferd, ruhig, das Ende das Tages
ist schon längst erreicht. Und dort (dort, genau dort, ach) war ich
zuvor: im Autorenforum Berlin. Und die Madeleines wurden in meinen
Kopf getunkt. Verzeihung, noch etwas Tee, Herr Voß? (Nein, lieber
Codein).
Hätten meine nervösen Zustände mich
nicht aus dem Haus getrieben, wäre ich nicht in dieser Erinnerung
angekommen; aber lasst uns vom Beginn an beginnen, Brüder und
Schwestern (Sisters & Brothers, ihr seit doch seid Jahren,
Jahren, Jahren mir in den Nacken festgeklammert).
Um acht Uhr fand ich mich ein im
Autorenforum in Steglitz und hörte mir auf dieser offenen Lesebühne
zwei Texte an. Und saß danach am Kneipentisch mit Henry Kersting und
Rainer Schildberger, die kaum älter geworden zu sein schienen. Und
ich verwechselte die Jahrzehnte ohne betrunken zu sein.
Aber dann, aber dann hatte ich es
wieder im – nennen wir es – Gedächtnis. 1993 kam ich zum ersten
Mal ins Autorenforum, das seinerzeit noch im Schauplatz in der
Dieffenbachstraße residierte, einem runtergerockten Off-Off-Theater
im übrig gebliebenen West-Berlin. Endlich war ich in der Kunst
angekommen. Relativ frisch aus der Provinz in die kommende Weltstadt
geschossen war ich, Kreuzberg würde mindestens der Nabel der Welt
sein, und im Autorenforum hingen Schriftsteller rum, echte
Schriftsteller, unbekannt zwar noch, aber mit großen Gesten, die von
kleinen Händen ausgeführt wurden. Ich hatte rosafarbene Haare und
sechs Ringe im linken Ohr (zwei im rechten), ich war heiß auf
Boheme. Judith Herrmann las dort, Felicitas Hoppe, Ursula … (wie
war doch gleich der Nachnahme?) ... und ich. Ich scheiterte. Aber das
war nicht schlimm, das war lehrreich. Noch heute ist mir der Schweiß
in Erinnerung, der mir in einer Sommernacht an den Flanken entlang
tropfte, als ich eine unsäglich kitschige Short Storie über den
spanischen Bürgerkrieg vortrug. Mit Emphase, mit schlimmer
Überzeugung. Mit dem Gefühl im Boden zu versinken, je mehr Zeilen
ich hervor stammelte.
Das war vor der Zeit von lauter
niemand, das war vor der Zeit, bevor ich gerade Zeilen schrieb.
Und jetzt ist es Steglitz geworden, und ich Friedenau. Alte Bohemiens
und reguläre Lesungen auf offenen Bühnen.
Ich habe dort viel gelernt, und ich
komme von Zeit zu Zeit gerne dorthin zurück (Vorspiel im Himmel;
call me F.A.U.S.T... or call me U.N.C.L.E). Ich höre zu und fühle
mich jung und alt. Aber wenn ich meinem Sohn davon erzählen wollen
würde, in Zeiten die noch vor mir liegen, dann wäre mir das Gehirn
so konfiguriert, dass ich kaum mehr heraus bekommen würde, als in
diesem Eintrag eingetragen ist. Stuss auf mittlerem Niveau. Hoch wird
es dann die Nachwelt schätzen. Wenn sie es findet. Aber nichz dauert
an, alles ist eitel. S.E.L.A. - Psalmenende (Benn-de).
.
Naja, ob ich jetzt Borderlinerin, depressiv und magsersüchtig bin, glaube ich jetzt nicht grade.. Okay, ja ich bin in einigen Teilen etwas anders und vielleicht 'geknickter' als ander ein meinem Alter, aber Borderline ? Borderline.. es ist unmöglich, dass ich das haben kann..
AntwortenLöschenAber dennoch Danke für den "Tip" - das weiß ich sher zu schätzen.