Seit zehn Tagen muss ich das Bett
hüten, wie man in meiner Kindheit gesagt hätte. Ein zäher Infekt
will nicht aus mir weichen, und ich schlurfe durch die
unterwassergrüne Parterre-Wohnung von Sonnenstrahl zu Sonnenstrahl.
Gestern verbrachte ich den Nachmittag
auf dem Sofa im Erker und schaute in den Regenhimmel, auf die feucht
glänzenden Blätter der Linde vor dem Haus, auf den neusachlichen
Wohnblock gegenüber.
Und schrieb irgendwann ein Gedicht, so
wie ich zur Zeit fast immer meine Gedichte schreibe, aus dem Denken
heraus, einem Denken, das von Büchern und Erinnerungen, auch von
Stimmungen, gefüttert wird.
Ich versuche mich voranzudenken in der
Dichtkunst, versuche meine Grenzen auszuloten, vorauszureiten,
Avantgarde zu sein. Aber: was ist das? Unverständlichkeit?
Geheimnis? Abgewandtheit?
Als ich in den 90er Jahre zum ersten
Mal Gedichte Thomas Klings las, kamen sie mir ungemein, unfassbar
kompliziert vor, teilweise undurchschaubar. Mittlerweile lese ich
sogar Celan-Verse wie SPIEGEL online, gut verständliche Nachrichten
aus einer nicht verständlichen Welt. (Nur mit Pound habe ich so meine bedeutenden Schwierigkeiten).
Dadurch kann ich meine eigenen Texte
kaum einordnen. Ist das noch knapp in der Schnittmenge des
Mainstreams, oder ist das schon das dunkelrote Segment?
In einem neuen Gedicht versuche ich
mehrere Themen engzufuhren. Die Theorie der Schattenbiosphäre,
die Theorie über die Entstehung des Lebens (also der ersten Zellen)
in mikroskopischen Hohlräumen von Steinen, Reinkarnation, Utopia als
Lichtort (wobei Utopia wörtlich ja Nichtort bedeutet), und die
zyklopischen Tempel von Baalbek (dessen anderer Name Heliopolis war,
Sonnenstadt, Lichtort). Das ganze angereichert mit weiteren Klang-
und Bedeutungs-Verweisen. Ist das alles noch verständlich ohne
Gebrauchsanweisung? Mir schon.
Nah
Baal-Bek
Schattenbiosphäre,
Lichtort
Im
Nichtort, Utopia der Geister
schlägt
sich das Empfinden von Tod
nieder
gehalten im Sekundenblatt
aus
Sphärenmusik und Chlorophyll
Schattenbiosphäre,
DNS-los und
in
den Steinkavernen unter der
mütterlichen
Erde aufkochend
Halluzinationen
das alles
schon
seit Sekunden, seit Äonen
schlägt
der Zeitstrahl auf und
fächert
sich entlang der Mauer
des
Hades, der Schattensphäre
Halo
um die Sonne im Tunnel
Heliopolis
nicht zu erreichen
Nichtort,
Lichtort, Schattenbahn
Darüber hinaus fange ich in letzter Zeit an, mich mit Photographie als Kunstform zu beschäftigen. Denn als Kunstform scheint sie mir fast ausgereizt, was mich anspornt. Wie kann man die Welt inszenieren, so dass sie auf Lichtbildern bemerkenswert erscheint? Soll man Photos narrativ gestalten, lyrisch, romantisch; oder gerät man dann in einen geradezu pornographischen Kitsch für des verständige Bürgertum? Analog? Digital? Suboptimal?
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Gold und Geltung |
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Gürteltier |
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