Samstag, 15. September 2012

Heute kam mein neues Brett (von Weible aus Ahorn und Palisander) nebst Staunton-Figuren. Ich will gar nicht sagen was das auf Ebay gekostet hat, aber viel war es nicht (das Bildungsbürgertum ist ausgestorben, solche Dinge werden nunmehr verschleudert). Und nun sitze ich vor dem Brett, spiele eine Großmeisterpartie Karpow-Kortschnoi aus dem Jahr 1974 nach (Kandidatenturnier zur Weltmeisterschaft), sitze auf Karpows Seite (weiß) und grübel nach dem zehnten Zug darüber nach, was Anatoli denn vor haben könnte.



- Ich glaube, Karpow wird seinen Turm-Bauern auf h5 ziehen und ihn damit mittelfristig opfern, während Kortschnoi seinen Springer sicher auf b4 zieht, um mit dem Turm angreifen zu können. Und was passiert? - In der Wirklichkeit des Jahres 1974 bringt Karpow erst mal seinen Läufer auf b3 in Sicherheit (was ich erst einen Zug später getan hätte, und vermutlich hätte mich das in die Bedrouille gebracht... wir werden sehen), und Kortschnoi öffnet die C-Linie für den Turm, wie ich es mir schon dachte, allerdings nicht mit Springer auf b4 sondern auf e5.

Dazu eine neue Schubert-Platte, die gestern mit der Post kam: Demus und Badura-Skoda spielen das zweihändige Werk Schuberts auf einem Streicher-Fortepiano von 1841. Seinerzeit in der großartigen BASF/Harmonia-Mundi-Reihe rausgekommen, in meiner Kindheit, als ich noch Dschingis Khan hörte.
Oje. Das ist hier aber eine heftige Simulation von Bildungsbürgertum. Gleich schreib ich noch ein Gedicht. Dabei bin ich in Hinterhöfen und Gassen aufgewachsen und gelesen habe ich am Liebsten Donald-Duck-Hefte und Enid-Blyton-Bücher. Allerdings habe ich damals schon gerne Django Reinhardt und Gisela May gehört (während die Eltern Rotwein in sich reinkippten und zu tanzen begannen).

Doch nun weiter im Spiel, ich muss Kortschnoi schlagen. Und im Hintergrund die Goldberg-Variationen, gespielt von Wilhelm Kempff, schnörkellos, makellos. (Und draußen tänzelt der Herbst durch die Straßen, er hat ein graues Trikot an, seine Choreographie patscht durch Pfützen, rutscht auf gelben Blättern entlang).

Kortschnoi gegen Karpow, 1978

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3 Kommentare:

  1. spielst du auch mit schachuhr? und hältst did bendeknzeit(en) ein?

    ich sehe schon, wenn du weiterhin dich so intensiv damit befasst, spielst du bald simultan ... und auhc noch gegen dich! (kennst Malkowitsch, Malkowitsch ...? hat aber nix mit schach zu tun.)

    (diese urls entziffern, das ist in 66% der fälle schon etwas mühselig und kaum zu erkennen, ob qu, ql qer qeb usw.)

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  2. und immer kommt - "beweisen sie dass sie kein roboter sind"!
    also ich mein was die URL betrifft, nicht den (die?)FIDES.

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  3. Nein, ich spiele noch nicht mit Schachuhr. Die Maschinen sind so schnell und ich noch zu schlecht, als dass das sinnvoll wäre. Vielleicht nächstes Jahr.

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