Montag, 8. Juli 2013

Wie kann man nur so langweilig über langweilige Figuren schreiben?
Seit ich in den letzten Tagen zum ersten Mal Daniel Kehlmann gelesen habe, weiß ich erst David Wagner richtig zu schätzen. Hätte ich Leben nach Der fernste Ort gekauft, hätte ich den Roman von Wagner vermutlich für großartig gehalten. Alles ist relativ, selbstverständlich ist es das.
Mein erstes Date mit Kehlmann also, und ich bin gelangweilt. Kein Charme, kein Esprit. Seine Novelle, die als sein viertes Buch 2001 bei Suhrkamp publiziert wurde, ist kurz und zäh, so dass ich, obwohl ich schon achtzig Prozent des Textes gelesen habe, kurz vorm Aufgeben bin.
Möglicherweise ist das sein schlechtestes Buch, aber einen guten Schriftsteller könnte man ja auch mit seiner trübsten Arbeit ertragen. Es ist unfassbar, aber Der fernste Ort erhebt sich stilistisch streckenweise kaum über einen ambitionierten Oberschüler-Aufsatz hinaus. Banal und voller Clichés wird folgerichtig eine Schule beschrieben: Er stieg aus und blickte an der Fassade der Schule hinauf. Ihre vom Regen schwarzen Mauern, die schwer zu bewegende Eingangstür, die Kunststoffböden und der Geruch nach Pullovern und Reinigungsmitteln.
Mein Lektor würde mir solche Passagen erbarmungslos streichen. Hätte das aber sein Lektor getan, wäre die Novelle auf die Hälfte zusammengeschnurt.

Auch Emotionen beschreibt Herr Kehlmann sehr präzise und fern jeder Trivialität: Sein Mund war ausgetrocknet, in seinem Magen hing ein bohrend flaues Gefühl; auf einmal wollte er so sehr nach Hause, dass ihm Tränen in die Augen traten.
Das hat kaum mehr Niveau, als ein Groschenroman. Wie kann man mit so etwas dermaßen mediokren dermaßen bekannt werden, so hochgelobt, geehrt mit mehr als einem Dutzend Auszeichungen? Doch vieleicht, vielleicht ist das ja wirklich sein schlechtestes Buch.
Und die Stilblüten, die kann er, die macht er ganz grandiös: Die Möbel zeichneten sich als scharf umrissene Schemen ab.
Entschuldigen Sie, lieber Autor, liebster Lektor: entweder scharf umrissen oder schemenhaft. Das muss einem doch auffallen.

Aber was wird hier eigentlich erzählt? - Ein langweiliger Mann namens Julian versucht seinem Leben zu entfliehen, täuscht einen Badeunfall vor, trifft per Zufall seinen etwas verschrobenen Bruder (der einzigen halbwegs interessanten Gestalt des Textes)... und weiter bin ich noch nicht vorgedrungen. Achtzig Prozent des Buches.
Unelegant unterfüttert wird das mit der Erinnerung des Protagonisten, die ihn zu einer anderen Flucht zurückführt, die aber ebenso uninteressant ist.
Zwischendurch hat dieser Julian das Gefühl, sein Ich würde sich auflösen; und was nimmt der Autor hierfür zur Veranschaulichung, na? Na? - Spiegel! Spiegelbilder, spiegelnde Flächen, Ich-Verlust. Grundgütiger!

Ich habe bislang einen Bogen um das Werk Kehlmanns gemacht, weil ich nie das Gefühl losgeworden bin, dass er zu Unrecht vom Feuilleton hochgeschrieben wurde. Das stimmt anscheinend. Aber ich werde seinem Werk noch eine Chance geben. Nachdem ich mich durch Der fernste Ort gequält haben werde, nehme ich mir Ruhm vor, seinen neusten Roman. Es kann ja sein, dass er in den letzten zehn Jahren zu einem 1a-Schriftsteller herangewachsen ist.
Andernfalls werde ich nicht zum ersten Mal am deutschen Feuilleton verzweifeln.

*

Erfreulicher als die Misere des Kehlmanschen Oevres, ist mein neustes Spielzeug. Gestern habe ich mir einen Palm m505 nebst zusammenklappbarer Tastatur bei ebay ersteigert. Ich war in den letzten Tagen auf der Suche nach einer geeigneten Hülle für meinen 4-Zoll-eBook-Reader, und stieß so auf das Zubehör für den  legendären PDA. Und musste feststellen, dass der Preisverfall von Computern jedwelcher Art erschreckend ist. 2001 wurde der Palm m505 für 1200 DM auf den Markt gebracht, nunmehr bekommt man ihn mit einem Konvulut Zubehör (das sicher auch nicht ganz billig gewesen ist) für schlappe 8 Euro in der elektronischen Bucht.
Vor zehn Jahren noch ein für mich unbezahlbares Manager-Gadget, jetzt schon Elektroschrott, wenn nicht gar Sondermüll - ein älteres Modell mit S/W-Bildschirm erhält man zum Grundgebot von einem Euro.
Jetzt habe ich also eine "Schreibmaschine" für unterwegs, die kaum mehr als 350 Gramm wiegt und in meine Jackettasche passt.
Und ich bin sehr gespannt, ob der Palm meinen Kindle erkennen kann, dann hätte ich nämlich ein portables Büro, das kein Pfund wiegt.
Ich werde in den Kaffehäusern sitzen, meinen Palm mit angeklemmter Tastatur auf der Resopalplatte, und ich werde aussehen wie ein Penner-Manager.


Palm m505 mit Keyboard

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3 Kommentare:

  1. "Ich und Kaminski", nicht "Ruhm" lesen!

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  2. Ja, hat mir vorhin auch ein Facebook-Freund empfohlen. Habe es gerade online gekauft und fange noch heute Abend damit an. Ich bin gespannt.

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  3. Da bin ich auch gespannt. Hab mal ein Drittel Vermessung-der-Welt gelesen und mich - von der Presse - ziemlich verkaspert gefühlt. - Kehlmanns Erfolg jedenfalls halte ich für ein interessantes, sehr zeitgemäßes Phänomen. Na ja, wie gesagt bin ich gespannt, wie es mit Deinen Leseerfahrungen weitergeht...

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