(Kafka betritt das Behandlungszimmer.
Benn schaut flüchtig von seinem Schreibtisch zu ihm rüber).
Benn: Etwas Venerisches, nehme
ich an?
Kafka: Nein, Herr Doktor, nur
das Gemüt.
Benn: Ah ja. Aber wieso kommen
sie dann zu mir? Ich bin kein Nervenarzt.
Kafka: Es hieß, sie könnten
etwas verschreiben.
Benn: Sind sie mir denn
empfohlen worden?
Kafka: Ja, von Brod. Max Brod.
Kafka: Ja, von Brod. Max Brod.
Benn: Ah ja. Und wie war doch
gleich ihr Name?
Kafka: Kafka, Franz Kafka.
Benn: Kafka also. Mh. Tscheche,
nehme ich an. Ich kenn den Namen. Sind sie nicht auch Schriftsteller?
Wie dieser Brod?
Kafka: Nein, nicht in erster
Linie.
Benn: Doch, doch, sie haben bei
Wolff veröffentlicht. Jetzt hab ich's wieder. Irgendwas
merkwürdiges. Ich erinnere mich nicht an den Titel. - Insekten, oder
dergleichen.
Kafka: Nur eine unbedeutende
Arbeit.
Benn: Ja, ist unser aller Arbeit
nicht unbedeutend?
Kafka: Ich fand ihre Gedichte
bemerkenswert. Ich habe sie unlängst in den Weißen Heften gelesen.
Benn: Wie auch immer. Genug
davon. Was möchten sie denn verschrieben haben? Preludin?
Kafka: Nein, man hat mir
Pyramidon empfohlen.
Benn: Ah, eine interessante
Wahl. (Schreibt ein Rezept). Sagen sie, kennen sie nicht auch diesen
Meyrink? Gustav Meyrink? Sind sie mit dem nicht bekannt? Der ist doch
auch aus Prag.
Kafka: Nein, tut mir leid.
Benn: Ich meine, weil der auch
aus Prag ist und so ähnliche Sachen schreibt wie sie. Auch so
phantastische Geschichten.
Kafka: Ich glaube nicht.
Eigentlich sehe ich da überhaupt keine Ähnlichkeit.
Benn: Nun ja, wie auch immer.
Meine Frau liest den recht gerne. (Reicht ihm das Rezept). So, das
wäre das. (Erhebt sich). Sagen sie, was führt sie nach Berlin?
Kafka: Meine Frau, meine
zukünftige Frau.
Benn: Sehr schön. Und was macht
die Arbeit? Neues Buch in Mache?
Kafka: Ja, über einen
Landvermesser. Aber es wird nicht gut. Leider.
Benn: Keine leichte Sache,
dieses Schreiben, finden sie nicht? - Ich habe es mal zu meinem
eigenen Vergnügen durchgerechnet. Mit meinen Gedichten habe ich in
den letzten zehn Jahren Zweimarkfuffzig verdient, im Monat, im
Durchschnitt. Unglaublich blödsinnige Sache. Man weiß ja gar nicht,
warum man sich das Ganze antut. Sagt meine Frau auch. (Geht zum
Tresen, greift sich eine Flasche und zwei Gläser). Einen Cognac? Das
ist doch das Einzige, was einen in Betrieb hält.
Kafka: Ich weiß nicht.
Normalerweise trinke ich keinen Alkohol.
Benn: Einer wird sie schon nicht
umhauen.
Kafka: Ja, vermutlich.
(Beide trinken. Kafka bekommt einen
Hustenanfall).
Benn: Das hört sich aber gar
nicht gut an. Ich bin zwar kein Fachmann, aber als Mediziner im
Allgemeinen würde ich ihnen empfehlen, das untersuchen zu lassen.
Kafka: Oh, das ist nichts Neues.
Benn: TB?
Kafka: Ja.
Benn: Dumme Sache.
.
Einfach nur cool!
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